Gutes Leben bis zuletzt
Matinée des Vereins Rheinhessen Hospiz am vergangenen Sonntag lockt viele Interessierte ins Bali-
Kino nach Alzey
„Voll wie ein Kino“, so formulierte es augenzwinkernd Richard Grünewald vom Rheinhessen Hospiz
e.V. angesichts von rund 200 Besuchern der Hospiz-Matinée am Sonntagmorgen im Bali-Kino in
Alzey.
„Vor wenigen Jahren wären beim Thema Sterben in Würde vielleicht die vorderen Reihen besetzt
gewesen“, resümierte Grünewald. Heute zeige das volle Haus das große Interesse an guten
Angeboten am Lebensende. Die Veranstaltung an diesem Vormittag solle dazu dienen, zu
informieren und die bestehende Hemmschwelle zu senken, wenn es darum gehe, über das Sterben
und die damit verbundenen Möglichkeiten für Betroffene und Angehörige zu sprechen.
Zu Beginn sahen die Gäste, unter ihnen auch die beiden Mitglieder des Landtages Kathrin Anklamm-
Trapp und Heiner Illing, einen Tagesthemenbeitrag mit einer Reportage über das Christophorus-
Hospiz in Mainz. Anders als in Kliniken gehe es in der Hospizarbeit darum, den Gästen am Ende ihres
Lebens die größtmögliche Lebensqualität zu bieten. Zuwendung und Würde und damit verbunden
die Wünsche der dort stationär betreuten Menschen stehen im Mittelpunkt der
palliativmedizinischen Versorgung.
Nach dem Medienbeitrag begrüßte der Schirmherr der Veranstaltung, Landrat Heiko Sippel, die
Anwesenden. Aus persönlicher Erfahrung wisse er um die Bedeutung einer solchen Einrichtung für
Betroffene und deren Angehörigen und befürwortete das geplante Angebot und auch den gewählten
Standort des Gebäudes.
Den beeindruckenden Baufortschritt illustrierte der zweite Film vom ersten Spatenstich im Mai 2022
an. Palliativmediziner und 1. Vorsitzender Dr. Christoph Kern führte das Filmteam durch die noch im
Innenausbau befindlichen Räumlichkeiten und sprach über die geplante Ausstattung der insgesamt
12 Zimmer für stationäre Gäste. „Eigentlich ist das hier ein Lebenshaus“, so Dr. Kern. „Schwerkranke
Menschen ohne Aussicht auf Heilung sollen hier die letzte Zeit ihres Lebens in Ruhe, Geborgenheit
und Frieden leben.“ Die Zimmer verfügen über eine große Glasschiebetür, über die barrierefrei das
Krankenbett hinaus auf den Balkon geschoben werden kann, von wo aus die Gäste den Blick auf die
rheinhessische Hügellandschaft haben. „Viel angenehmer, als auf Hochhäuser und Wohnblocks zu
schauen.“ Wohlfühlcharakter sollen die Zimmer haben, eher Wohnzimmer als Krankenzimmer sein.
Auf drei stationär betreute Gäste werden zwei Pflegekräfte eingesetzt werden, was eine intensive
und präsente Pflege rund um die Uhr bedeute. Die Behandlung ist für den Gast unentgeltlich, die
Krankenkasse zahlt die Kosten zu 95 %. Die restlichen 5 % finanzieren sich aus Spendengeldern.
Ein Tageshospiz, ein in Deutschland noch wenig verbreitetes Angebot, soll im ersten Stock
eingerichtet werden. Gäste werden zu Hause abgeholt und können hier den Tag verbringen mit
Frühstück, Mittagessen und Abendessen und die Möglichkeit haben, sich untereinander um die jetzt
wichtigen Fragen des Lebens auszutauschen, während ihre Angehörigen beispielsweise arbeiten
gehen oder ein paar Stunden Kraft tanken können.
Als dritte Säule des Angebots findet das Verwaltungsgebäude der spezialisierten ambulanten
Palliativversorgung (SAPV) Platz in den Räumlichkeiten in Eppelsheim. Derzeit werden etwa 100 bis
130 Menschen pro Tag im Umkreis versorgt. Das Hospizgebäude verbindet somit die drei Formen der
Palliativbetreuung: zuhause, ambulant und stationär. Da ein solches Projekt nur in Kooperation zu
verwirklichen ist, werden verschiedene Institutionen – der DRK-Landesverband als Betreiber, SAPV
und die Rheinische Hospizstiftung – an Umsetzung und Ausführung der Angebote beteiligt sein.
„Den Tagen mehr Leben geben“ ist der Leitspruch des Hospizvereins DASEIN. Wie das praktisch in der
Begleitung Sterbender aussehen kann, zeigte Katharina Nuß mit Bildern: Den geliebten Garten noch
einmal sehen. Noch einmal Schnee auf der Haut spüren. Da wird schon mal eine große Leinwand mit
dem Foto des blühenden Gartens aufgestellt, ein Schneemann gebaut und ins Gästezimmer
gebracht. Und wenn das in einer Schneeballschlacht, nassen Laken und glücklichen Gesichtern endet,
„dann hat unsere Arbeit ihren Sinn erfüllt.“
„Auch die Familie und Zugehörigen finden bei uns die nötige Unterstützung in ihrer Trauer, wenn sie
von einem geliebten Menschen Abschied nehmen müssen. Bei uns wird geweint, natürlich, aber auch
viel gelacht und es werden Erinnerungen ausgetauscht.“
Am Ende der Veranstaltung gab es für alle noch die Gelegenheit, bei kleinen Snacks und Getränken
mit den Referenten und anwesenden ehrenamtlichen Helfern zu sprechen und weitere Fragen zu
stellen.
In der anschließenden Fragerunde standen Katharina Nuß, die Vorsitzende des Hospizvereins DASEIN
e.V. Alzey, und Dr. Christoph Kern den Zuschauern Rede und Antwort. Das Publikum interessierte
sich für die Voraussetzungen am Standort, die Betreuungsmöglichkeiten, Personal und geplante
Belegung des Hauses. Auch Fragen zur Energieversorgung und Finanzierung wurden gestellt, die von den Anwesenden im Detail beantwortet wurden.